Solomon Ginsberg - oder auch Ginsburg (1867-1927) - Apostel von Brasilien

Judson Geburtshaus
Solomon Ginsberg wurde 1867 in Suwałki, Polen (1815-1919 Russland), als Sohn eines jüdischen Rabbiners geboren. Aufgrund seiner strenggläubigen jüdischen Herkunft und Ausbildung schien es unwahrscheinlich, dass er dazu vorherbestimmt war, der vielleicht größte christliche Missionar in der Geschichte Brasiliens zu werden. Doch so ist halt die wunderbare Art und Weise, durch die Gott wirkt.

Zu Christus führende Vorsehung

Der junge Solomon interessierte sich bereits im Alter von 13 Jahren sehr für sein jüdisches Erbe, weshalb er natürlich viele Fragen hatte. Eines Tages diskutierten sein Vater und andere jüdische Prominente in seinem Haus. Solomon hob eine jüdische Bibel auf und es öffnete sich das Buch Jesaja, Kapitel 53. Folgende Worte waren an dem Rand gekritzelt: „Auf wen bezieht sich der Prophet in diesem Kapitel?“. Nachdem er das Kapitel gelesen hatte, fragte Solomon seinen Vater zweimal, was die Notiz zu bedeuten habe. Sein Vater verpasste ihm wütend eine Ohrfeige und schlug das Buch zu. Dies war eine verletzende, wenn auch bedeutende Erfahrung für seine spätere Annahme von Christus.

Ginsberg hatte noch weitere unangenehme Erfahrungen. Mit fünfzehn Jahren wurde für ihn eine Ehe arrangiert, etwas, was er sofort ablehnte. Er rannte unmittelbar von zu Hause weg und lebte bei seinem Onkel in England, bis er das Erwachsenenalter erreichte. Eines Tages, als er die Straße entlangging, fragte ihn ein jüdisch-christlicher Missionar, ob er Jude sei. Als er bejahend antwortete, lud der Missionar ihn ein, an diesem Abend an einer Versammlung teilzunehmen. Erstaunlicherweise sagte der Missionar, dass das Thema, über das er sprechen würde, Jesaja Kapitel 53 sei. Ginsberg erinnerte sich sofort an die Frage, auf die sein Vater sich geweigert hatte zu antworten, und so beschloss er, der Predigt beizuwohnen.

Annahme des Neuen Testaments

In seiner Predigt erklärte der Missionar Jesaja 53 als eine Prophezeiung, die auf Jesus als den verheißenen Messias für die Juden hindeutet. Nach dem Gottesdienst wandte er sich an Ginsberg und fragte ihn, ob er der Botschaft glaube. Ginsberg antwortete, dass er es nicht wisse. Der Missionar forderte ihn daraufhin heraus, das Neue Testament zu lesen, und veranlasste, dass er ein Exemplar erhielt.

Als Ginsberg zu lesen begann, konnte er es nicht mehr aus der Hand legen und las in dieser Nacht tatsächlich das gesamte Neue Testament. Er stieß auf Matth. 27:25, wo von der Antwort der Juden an Pilatus die Rede ist, nachdem er versucht hatte, Jesus zu befreien. In diesem Vers wird berichtet, was das jüdische Volk in Bezug auf Jesus sagte: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder.“ Ginsberg zitterte und erkannte, dass sein eigenes Volk den wahren Messias abgelehnt hatte.

Entschluss zur Weihung

In den folgenden drei Monaten fühlte sich Ginsberg miserabel, denn er wusste, dass er seinem Messias nicht den Rücken kehren konnte. Er war sich auch darüber im Klaren, dass er durch die Annahme Jesu von der geliebten Familie völlig abgelehnt werden würde. Während einer Predigt, die Ginsberg eines Tages hörte, wurde Matth. 10:37 zitiert: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht würdig.“ In dieser Nacht wurde Ginsbergs Entschluss besiegelt. Er wollte Jesus würdig sein, also gab er sein Leben in die Hände seines Herrn.

Er erzählte seiner Familie, dass er Jesus angenommen hatte, und wie erwartet, wurde er ausgestoßen. Sein Onkel, für den er arbeitete, entließ ihn, und niemand in der jüdischen Gemeinde wollte ihn einstellen. Ginsberg konnte keine Arbeit finden, so wurden seine begrenzten finanziellen Mittel schnell aufgebraucht. Als er mittellos und obdachlos war, arrangierte ein freundlicher Mann die Aufnahme in das Haus der jüdischen Konvertiten.

Eine harte Prüfung überstanden

Ginsberg genoss sein neues Leben und die Gemeinschaft mit anderen Christen. Ein Jahr lang hatte er nichts von seiner Familie oder seinen Verwandten gehört, bis er eines Tages eine Nachricht von einem anderen Onkel erhielt, der seiner Sehnsucht Ausdruck verlieh, Ginsberg zu sehen. Es war ein freudiges Treffen, denn der Onkel brachte Neuigkeiten von Ginsbergs Familienmitgliedern mit. Danach drückte er seinen Willen aus, Ginsberg nach Hause zu bringen, um ihn mit seiner Familie wieder zu vereinen. Ginsbergs Herz sehnte sich nach Zuhause, daher war er jederzeit bereit mitzugehen.

Der Onkel sagte dann, dass es aber eine Bedingung gäbe - er müsse Jesus entsagen. Nach einem Moment erwiderte Ginsberg, dass dies eine unmögliche Bitte sei, denn er habe sein Herz dem Herrn Jesus hingegeben. Seine Religion aufzugeben, würde bedeuten, sein eigenes Herz herausreißen zu müssen. Der Onkel gab Ginsberg daraufhin zu verstehen, dass er die volle Autorität besitze, ihn zu exkommunizieren. Ginsberg vor die Tür setzend, sagte der Onkel, er wolle ihn in einer Woche sehen.

Nach einer Woche der Erschöpfung und Versuchung, aber erfüllt mit Entschlossenheit, suchte Ginsberg seinen Onkel wieder auf. Überraschenderweise waren dort seine beiden Onkel sowie mehrere ältere Juden anwesend, und er wurde von allen warmherzig empfangen. Nach einer guten religiösen Diskussion wurde er nach seiner endgültigen Entscheidung gefragt, ob er Jesus entsagen würde oder nicht. Nachdem er geschildert hatte, wie er Christ geworden war und welche Erfahrungen er in der Folgezeit gemacht hatte, wurde er bedauernd vor den Konsequenzen gewarnt - Exkommunikation und Enterbung. Er antwortete ihnen, er habe den Preis dafür bereits berechnet und sei sogar bereit, falls nötig, sein Leben für seinen Messias zu geben.

Einer der ältesten Juden begann sodann, die Flüche der Exkommunikations-zeremonie zu verlesen. Zunächst war Ginsberg darüber entsetzt, einer solchen Erfahrung ausgesetzt zu sein, doch er betete zu seinem Herrn, und als es vorbei war, war er von Frieden und Freude erfüllt.

Vorbereitung auf die Missionsarbeit

Während der drei Jahre, die Solomon im Haus der jüdischen Konvertiten verbrachte, wurde ihm die Buchdruckkunst beigebracht, ein Handwerk, das er später in Brasilien gut nutzte. Dort symbolisierte er auch seine Weihung an Gott durch die Wassertaufe, die mehr als 3000 Menschen miterlebt haben.

Einer der größten Vorteile, die Ginsberg in diesem Haus erhielt, war eine missionarische Ausbildung. Sonntagmorgens besuchte er das Bibelstudium und ging dann zusammen mit anderen auf die Straßen Londons, um jedem, der „Ohren zu hören“ hat, das Evangelium zu verkünden.

Mit dem Wunsch, besser auf den Dienst für seinen Meister vorbereitet zu werden, schrieb sich Ginsberg am Regions Beyond Mission College ein, wo er 1890 seinen Studienabschluss erwarb. [Das Motto des Colleges lautete: „Das Evangelium weiter über euch hinaus zu verkündigen“, 2. Kor. 10:16, Anm. d. Übersetzers]. Dort lernte er eine Frau namens Kalley kennen, die Witwe des Mannes, der die Kongregationale Mission in Brasilien gegründet hatte. Nach seinem Abschluss überließ sie Ginsberg finanzielle Mittel für die Reise nach Brasilien sowie ein kleines Extra, jedoch unter der Bedingung, dass er Portugiesisch lernt und sich ein Jahr lang als Missionar selbst versorgt. Er reiste deshalb nach Portugal, um die Sprache zu lernen, und ließ seine Verlobte Carrie Bishop zurück, die er beabsichtigte, ein Jahr später in Brasilien wiederzusehen.

Von Portugal nach Brasilien

Während Ginsberg in Portugal war, begann er seine Missionsarbeit, bis ihn die drohende Inhaftierung zur Flucht nach Brasilien zwang. Seine Verlobte traf ihn dort und sie heirateten, aber traurigerweise starb sie vier Monate nach ihrer Hochzeit. Etwa zwei Jahre später heiratete er Emma Morton, eine andere Missionarin, und ihnen wurden schließlich sechs Kinder geboren.

Ginsberg und andere Christen litten in Brasilien unter Verfolgung und wurden oft ins Gefängnis geworfen. Doch diese Erfahrungen boten Ginsberg fruchtbare Möglichkeiten, das Evangelium zu verkünden, und infolgedessen nahmen viele Gefangene Christus an. Unter Ginsbergs Leitung wurden Neue Testamente und andere christliche Literatur an die 750 Gefängnisse im ganzen Land versendet.

Ein zu Christus bekehrter Attentäter

Eine außergewöhnliche Erfahrung machte Ginsberg, als er eine Reihe von Gottesdiensten unter dem freien Himmel in einer brasilianischen Stadt namens Nazareth abhielt. Ein lokaler geistlicher Leiter, der Ginsberg hasste, heuerte einen Verbrecher an, der ihn ermorden sollte. Er arrangierte sogar, dass die Amtsträger der lokalen Behörden die Stadt verlassen haben würden, wenn das Attentat stattfinden würde. Ginsberg erfuhr von dem Komplott, war jedoch entschlossen, die Versammlung abzuhalten. Zu seinem Erstaunen wurde kein Attentat auf ihn verübt.

Zwei Monate später bekehrte sich der angeheuerte Attentäter zu Christus, und er gestand den Gläubigen, was an dem Tag des geplanten Attentats geschehen war. Um sich Mut zu machen, trank er etwas Alkohol und kam zu der Versammlung bewaffnet und bereit, seinen Auftrag auszuführen. Der Alkohol machte ihn jedoch schläfrig und er versäumte seine tödliche Gelegenheit. Ginsberg bemerkte später humorvoll: „Hier ist eine gute Arbeit, die der Alkohol geleistet hat. Er hat mir das Leben gerettet.

Eine weitere erstaunliche Bekehrung

Eine weitere erstaunliche Erfahrung war die, als ein anderer Krimineller angeheuert wurde, um Ginsberg zu ermorden. Als er auf dem Pferd unterwegs war, stieß er auf einen Mann mit einem doppelläufigen Gewehr. Ginsberg, der dachte, der Mann sei auf der Jagd, hielt sein Pferd an, grüßte den Mann freundlich und ritt weiter. Später an diesem Tag hörte er von der Verschwörung, und als er ins Bett ging, klopfte jemand an seine Tür. Es stellte sich heraus, dass es derselbe Mann war, den er auf dem Weg traf. Als der Mann erklärte, dass er für dieses Attentat angeheuert worden war, dachte Ginsberg, sein Ende sei gekommen, bis der Mann erklärte, das ihn Ginsbergs Freundlichkeit an diesem Morgen umgestimmt habe. Die beiden unterhielten sich und beteten den Rest der Nacht, und am Morgen nahm der Mann Christus an.

Als Ginsberg einen Monat später nach Hause kam, las er einen Brief von einer Frauengruppe, die sagten, dass sie sich veranlasst gesehen hatten, für ihn besondere Gebete zu sprechen. Er bemerkte dann, dass das Datum des Briefes genau der Tag war, an dem er den Banditen unterwegs getroffen hatte.

Während Ginsbergs 31 Jahren missionarischen Dienstes in Brasilien wurde festgehalten, dass mehr als 21.000 Menschen Christus annahmen und ihr Leben Seinem Dienst widmeten. Ein großer Teil dieser Fruchtbarkeit kann dem Missionsdienst dieses „Apostels von Brasilien“ zugeschrien werden.
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